Verbindende Strecke

Eine Diagonale verbindet laut Definition zwei nicht benachbarte Punkte. Das Festival des österreichischen Films verbindet - wenn man so will – durchaus nicht benachbarte Filmschaffende, die sich aber - zumindest an fünf Tagen im März in Graz - durch den Film und gemeinsame Anliegen verbunden fühlen, hat Wolfgang Ritzberger beobachtet.

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Diagonale 

Nationalismus ist Gift für die Gesellschaft“, stellte Sebastian Höglinger, die eine Hälfte der „charmanten Intendanten“, wie sich der Moderator Manuel Rubey bei der Eröffnung ausdrückte, lapidar fest. Mehr war gar nicht nötig. Die mehr als 2.000 Gäste der Eröffnungsveranstaltung - die List-Halle in Graz wird ja an diesem Tag zum größten Kino Österreichs - zeigten ihre Zustimmung dazu durch anhaltenden Applaus. Dann erst konnte Höglinger berichten, dass dies der Titel des diesjährigen Diagonale-Trailers von Johann Lurf sei und die Diagonale 2019 eigentlich kein Motto habe, der Titel des Trailers würde ausreichen. Peter Schernhuber ergänzte, eigentlich sei ohnehin schon alles gesagt und es bleibe nur, sich dem anzuschließen.

 

Dem charmanten und sympathischen Duo an der Spitze des Festivals des österreichischen Films gelang es auch heuer wieder, die ihnen eigene Begeisterung für die Diagonale und für das Kino wie selbstverständlich an die Zuschauermenge zu übertragen, das Publikum gleichsam anzustecken. Die beiden schaffen es jedes Jahr, trotz Marathon Stress und bewundernswerter Anstrengungen, locker, gelöst, ja nahezu erleichtert und begeistert zu vermitteln, wie sehr sie sich freuen, dass es endlich wieder losgeht. Die bedeutungsschwangere Dramatik, die immer auch ein wenig ein „Es war nicht leicht“ - Statement mitschwingen ließ, ist verschwunden. Fast jugendliche Freude, Freude am Film und am Feiern, ist das Motto - und Sebstian Höglinger erwähnte auch heuer als Zwischenbemerkung, dass wieder das gelte, was er schon die letzten Jahre gesagt habe, es gehe ums ordentliche feiern.

 

Umdenken

Das färbt natürlich ab und ist fast schon auch Programm, denn das Publikum speist sich, auch bei den vielen Veranstaltungen abseits des Kinos, zu einem guten Teil aus dem Nachwuchs, der hier auch tragfähige Plattformen vorfindet wie etwa das von Dominik Tschürtscher entwickelte Cinema Next Breakfast. Selbst die Filmakademie, die, wie man hörte, jahrelang davon ausging, dass die Studenten während der Diagonale schön brav in die Metternichgasse oder in die Linke Bahngasse pilgerten statt nach Graz, hat umgedacht. Im Panoramageschoss des Kunsthauses Graz, wo im Erdgeschoss das Presse- und Gästezentrum untergebracht ist, fanden während der Diagonale reguläre Lehrveranstaltungen statt - waren doch so gut wie alle Studenten ohnehin nach Graz gekommen.

 

Golden Balls 

Zurück zur Eröffnung. Der große Schauspielpreis ging heuer an Birgit Minichmayr, deren Ausnahmetalent zu beschreiben müßig wäre. Sichtlich gerührt und bewegt von der sehr persönlichen Laudatio von Veronika Franz und Johanna Orsini-Rosenberg nahm sie das Kunstwerk entgegen, das den Trägern des Schauspielpreises übergeben wird - Ashly Hans Scheirl, der Schöpfer des Preises, betonte, es sei kein Preis im eigentlichen Sinn, sondern eben ein Kunstwerk. Heuer waren es „golden balls“, genau das, was jedem jetzt einfällt (siehe Foto). „Die kann ich brauchen!“, rief Birgit Minichmayr. „Die hast Du schon“, kam die prompte Replik.

 

Ein eigenes Screening war dem Schaffen des Experimentalfilmers Johann Lurf gewidmet, der auch für den diesjährigen Festivaltrailer verantwortlich zeichnet, der offiziell wie folgt beschrieben wurde: „Eine starre Einstellung auf ein bunt strahlendes Wasserrad, das sich im nächtlichen Flusslauf dreht. Das Setting von Cavalcade erscheint simpel. Der Effekt von Johann Lurfs Film über die Grundparameter des Mediums gründet jedoch auf einer ausgeklügelten Versuchsanordnung: auf dem Zusammenspiel von Licht, Aufzeichnungsapparatur und kinetischer Energie ohne, dass die Illusion von Stillstand und Bewegung nicht zustande käme.“

 

Ein streitbarer Film, gedreht auf „echtem“ Film 

So ungeteilt der Schauspielpreis Zustimmung fand, so geteilt waren die Reaktionen auf den Eröffnungsfilm „Der Boden unter den Füssen“ von Marie Kreutzer, der heuer im Wettbewerb der Berlinale in etwa die gleichen geteilten Reaktionen hergerufen haben soll. Ihre zum Teil beängstigende Schilderung der ständigen Bedrohungen, denen die Protagonistin (Valerie Pachner) durch ihren Job, ihre Chefin (Marvie Hörbiger), zu der sie eine Liebesbeziehung hat, und ihre psychisch kranke Schwester (Pia Hierzegger) ausgesetzt ist, sind intensiv und von einer grandiosen Leistung der Schauspielerinnen geprägt. Trotzdem wollte oder konnte ein Teil des Eröffnungspublikums der Grazer Regisseurin nicht folgen, so sich das im anschließenden Small Talk überhaupt eindeutig feststellen lässt. Und die eine oder andere kritische Stimme gibt es nach jedem Film. Noch während der Diagonale lief „Der Boden unter den Füssen“ in den Kinos an, bei Erscheinen dieser Ausgabe werden wir schon wissen, ob sich der Erfolg bei Berlinale und Diagonale auch an der Kinokasse hat umsetzen lassen.

 

Der Kinostart während des Festivals in Graz war jedenfalls sicher ein geschickter Schachzug des Verleihs, der so ein Maximum an Aufmerksamkeit zu nutzen verstand. Kreutzer drehte den Film übrigens auf 35 mm, also auf Film, wie sie bei der Eröffnung betonte, nicht ohne ihre Kamerafrau Leena Koppe, die schon mehrere ihrer Filme fotografiert hat, zu erwähnen. Produktionsleiter Gottlieb Pallendorf, den ich am nächsten Tag beim schon traditionellen Empfang der steirischen Filmwirtschaft auf dem Schlossberg traf, erzählte vom eigenen Charme, den das Drehen mit „echtem“ Film hat. Jeder am Set wisse, dass beim analogen Film jede Minute, die durch die Kamera rausche, echtes Geld koste. Daher sei jeder, so Pallendorf, wenn die „Mühle“ eingeschaltet wird, auf eine ganz eigene Art fokussiert und konzentriert. Bei einer digitalen Kamera erlebe er das nicht ganz so, dieses nur auf diesen einen Augenblick Zentriertsein. Wahrscheinlich, weil es irgendwie gefühlt ja egal sei und es angeblich nichts koste. Drehen wir das halt noch einmal, lasst’s einfach laufen. Obwohl, und das wissen wir beide, das so nicht stimmt, denn ein mehr auch an exponiertem Material, auch wenn’s nur ein Datenfile ist, generiert auch mehr Arbeit, mehr Zeit, die dafür aufzuwenden ist und viel mehr Zeit, die beim Schnitt in das Betrachten investiert wird.

 

Wäre spannend zu wissen, was dem Ergebnis mehr nützt, was sich aber so nie feststellen lassen wird. „Ich hab das noch so gelernt“, sagt Gottlieb Pallendorf über das Drehen mit „echtem“ Film, „aber die jüngeren Kolleginnen und Kollegen, für die ist das eine ganz neue und vor allem auch interessante Erfahrung.“ Kodak habe so auch in den letzten Jahren eine kleine Wiedergeburt erlebt, denn auch in Hollywood würden etliche Altmeister wieder zum Film zurückkehren. Der Wehrmutstropfen dabei, in Österreich gibt’s kein Kopierwerk mehr, was für „Der Boden unter den Füssen“ bedeutete: die exponierten Rollen mussten nach Paris und nachher wieder zurück nach Wien.

 

Gottlieb Pallendorf, Absolvent der Filmakademie, war in den letzten Jahren bei etlichen bekannten Filmen von Antonin Svobodas Streifen über Wilhelm Reich über „Die Werkstürmer“ von Andreas Schmied oder Franz Novotnys Film „Deckname Holec“ bis zu Markus Schleinzers „Angelo“ als Produktionsleiter dabei, ist übrigens vom analogen Film nach wie vor überzeugt. Das echte, wahre Kinoerlebnis, Film als Filmkultur sei, so sein Credo, nur mit analogem Film möglich. Womit wir wieder direkt beim Eröffnungsfilm sind, über den die beiden Intendanten im Programmheft schreiben: „Marie Kreutzer traut sich viel und mutet dem Publikum einiges zu - das ist erfrischend, wohltuend und ein wagemutiger Schritt aus der Komfortzone. „Der Boden unter den Füssen“ ist sicher ein streitbarer Film, jedenfalls einer, für den wir nicht nur streiten, sondern klar Position beziehen. Für die Kunst im Kino!“

 

Wettbewerbsfilme

Neben dem Eröffnungsfilm traten 21 weitere Spielfilme, darunter auch ein ORF-Landkrimi, und 22 Dokumentarfilme im Wettbewerb an. Darunter waren heuer etliche Filme, die ihre Kinoauswertung schon hinter sich gebracht oder bei anderen Filmfestivals große Momente erlebt hatten, wie etwa der Film „3 Tage in Quiberon“, die letztes Jahr Abräumer beim Deutschen Filmpreis gewesen waren, oder Filme wie Leytners „Der Trafikant“, Schleinzers „Angelo“, Bilgeris „Erik und Erika“, Fischers „Styx“, Kreihsls „Die Wunderübung“ oder Spreitzhofers „Womit haben wir das verdient“. Auch von den Dokus waren etliche Filme wie etwa der „Bauer zu Nathal“, „The Green Lie“ oder „Welcome to Sodom“ bereits im Kino. Wobei die Diagonale sichtlich keine andere Wahl hat, wenn sie diese Filme zeigen möchte. Und das Publikum kommt trotzdem ins Kino, wie mir Christian Krönes, Ko-Regisseur von „Welcome to Sodom“ erzählte: „Wir waren in der Steiermark eigentlich schon sehr gut unterwegs, trotzdem war das KIZ-Royal beim Screening fast voll.“ Echte Premieren waren in Graz, neben dem Eröffnungsfilm, „Die Kinder der Toten“, die filmische Adaption des gleichnamigen Theaterstücks von Elfriede Jelinek durch das Nature Theater of Oklahoma, produziert von Ulrich Seidl, „Kaviar“, die mit Spannung erwartete Komödie von Elena Tikhonova, produziert von Witcraft, Novotny Film und MRFilm (das Drehbuch haben die Regisseurin, Tikhonova ist Absolventin der Moskauer Filmakademie, und Robert Buchschwenter geschrieben, Produktionsleiter war übrigens einmal mehr Gottlieb Pallendorf), „Nevrland“ von Gregor Schmidinger, produziert von Ulrich Gehmachers Orbrock (der mit „17“ einen großen Erfolg landete) und der von Freibeuter und Ulrich Seidl produzierte Film „To the night“ von Peter Brunner.

 

Bei den Dokus war es der von Johannes Rosenberger, Johannes Holzhausen und Constantin Wulff (Navigator Film) produzierte Film von Nathalie Borgers - „The Remains - nach der Odyssee“ -, welcher der Frage nachgeht, was passiert mit den Toten, den Ertrunkenen der Mittelmeerroute, die geborgen werden. Wer sucht nach den Hinterbliebenen, wer kümmert sich um sie und sucht nach den Vermissten? In „Erde“ beobachtet Nikolaus Geyrhalter uns Menschen in Steinbrüchen, Minen und Großbaustellen bei dem Versuch, sich diesen Planeten stückweise anzueignen. Die Wettbewerbsfilme sind natürlich nur ein kleiner, wenn auch wichtiger Ausschnitt aus der Werkschau, die in Graz gezeigt wurde. Zu viele, um sie hier alle zu erwähnen und schon gar zu viele, um sich alles anzuschauen. Ludwig Wüst etwa, letztens bei der Berlinale, dessen oft radikalen Filme fast jedes Jahr bei der Diagonale zu sehen waren, war unter dem Titel „Theater-, Kino-, Holzarbeit“ auf der Diagonale und genau in dieser Reihenfolge. Mit einem im Schauspielhaus von ihm inszenierten Bühnenstück, einer Trilogie seiner Filme und einer Holz-Lecture, in welcher der gelernte Tischler den Umgang mit Holz zeigen konnte. Oder Sebastian Brauneis, letztes Jahr als Drehbuchpreisträger und Regisseur mit „Der Zauberer“ in Graz, zeigte heuer einen VR-Film um das Bühnenstück „Leutnant Gustl“ von Schnitzler.

 

Rahmenprogramm

Umfassend auch das Rahmenprogramm, mit „talk about scripts“, unter anderem mit Marie Kreutzer und dem Drehbuch zum Eröffnungsfilm und dem schon erwähnten cinema next breakfast. Großer Andrang bei den von Dominik Tschürtscher, Peter Röhsler und EU XXL gestalteten Veranstaltungen, die unter Branchen Meetings zu subsummieren sind. 

 

Das EU XXL Frühstück war der sozialen Situation der Filmschaffenden gewidmet. Kurt Brazda, dessen Initiative wir schon mehrmals in diesem Magazin vorgestellt haben, hat mit EU XXL und Zora Bachmann, aber auch mit der VdFS und dem Verband der Filmschaffenden und so gut wie allen Berufsverbänden Partner gefunden und es mittlerweile bis nach Brüssel geschafft. Dabei half ihm sicher auch seine Position im Vorstand von Imago, der mittlerweile international respektierten Vereinigung Europäischer Kameraleute. Anfang April tragen Zora Bachmann, Fabian Eder, Mercedes Echerer, Pauline Durand-Vialle und Kurt Brazda das Thema vor Vertretern des Europäischen Parlaments vor. Der Kinodokumentation war ebenfalls breiter Raum gewidmet, wobei es sich vor allem um Finanzierungen, die Ansprüche und inhaltlichen Vorstellungen von TV-Sendern und Strategien der Festivals drehte.

 

Für ein breiteres Publikum 

Ein ganzer Tag war dem Thema Kinoverwertung gewidmet, vor allem vor dem Hintergrund, dass letztes Jahr die Kinobesucherzahlen deutlich zurückgegangen waren. Findet jetzt also der schon so oft prognostizierte und befürchtete Tod des Kinos wirklich statt? Nach etlichen Runden, die das zahlreich im Hotel Wiesler erschienene Publikum mitmachen durfte und in denen Programmkinos vorgestellt und die Bedeutung des Kinos für die städtische und regionale Entwicklung beziehungsweise die Gestaltung von Kinos durch Architekten beleuchtet wurden, fand dann jene Diskussion statt, die den Kern betraf. Christian Dörfler, Präsident des Kinoverbandes und im Vorstand des Fachverbandes Kino, Kultur und Vergnügungsbetriebe, leitet natürlich selbst auch ein Kino, dem das Ende ebenfalls schon prophezeit worden war: das Haydn Kino auf der Mariahilfer Straße. Mit der Spezialisierung auf Filme in Originalfassung gelang es Dörfler, das Kino nicht nur zu retten, sondern auch für den Dauerbetrieb zu erhalten.

 

In seinem Statement verwies er auf mehrere Umstände: erstens, der Rückgang an Besuchern wäre letztes Jahr auch in Deutschland und der Schweiz zu beobachten gewesen, und zweitens wären in anderen europäischen Ländern die Besucherzahlen durchaus signifikant gestiegen. Obwohl auch sie mit dem gleichen Phänomen zu kämpfen hätten - den 0er und den 2er Jahren. Denn alle zwei Jahre findet entweder eine Fußball WM oder EM statt, was für genau diesen Monat eine extreme Konkurrenz darstellt. Kaum ein Verleiher startet einen Film im Umfeld dieser Fußballereignisse, und ohne Filme täte man sich als Kino schon recht schwer. Letztes Jahr kamen noch olympische Spiele dazu. Aber noch eines, so Dörfler, die Kinos in Österreich haben zwar enorme Anstrengungen in Richtung Technik unternommen und waren, auch dank der Förderungen, die Weltmeister in der Umstellung auf digitales Kino mit mächtigen Soundsystemen und, wenn das alles nicht reicht, Imax-Technik. Aber er habe bei einer Tagung in Großbritannien, die hatten letztes Jahr ihr bestes Ergebnis seit den 70er Jahren und waren daher sehr gut aufgelegt, das zweite Investitionsthema vorgeführt bekommen: Service und Komfort. Wer schon in den USA zum Beispiel in einem modernen Kino der AMC Kette war, kennt die mehr als bequemen, großzügig gepolsterten Sessel, die sich per Knopfdruck in eine Liege verwandeln lassen. Wer dann einschläft, den hat der Film nicht ernsthaft erreicht.

 

Damit war dann Dörfler bei seinem Hauptanliegen - es brauche ein deutliches Mehr an österreichischen Filmen und vor allem Filme, die sich ein breiteres Publikum anschauen möchte. Das waren die wenigen Momente, in denen die sonst fast verpönte Frage zu Sprache kam - die Qualität. Wolfgang Steininger, oberösterreichischer Kinopapst, schlug in eine ähnliche Kerbe. Michael Stejskal, der nicht nur den Filmladen, Österreichs größten Verleiher, sondern auch Kinos in Wien betreibt, hob die Bedeutung der sogenannten Programm- oder Arthouse-Kinos für die Entwicklung des österreichischen Films und für die Entdeckung der österreichischen Regisseure hervor und stellte den Zusammenschluss dieser Kinos in der IG-Programmkinos vor, die von der Filmförderung, so Stejskal, stiefmütterlich, also mit seit Jahren stagnierenden Beträgen, unterstützt würden. Warum Förderungen für die Kinos? Weil es sich wirtschaftlich nicht ausgehe. Fußnote dazu: Warum bekommt dann das Gartenbaukino ungleich mehr an Geld wie alle anderen Kinos?  Die Antwort lieferte Norman Shetler vom Gartenbaukino selbst: Weil die Miete, die das Kino dem Hausbesitzer und Betreiber zu zahlen hätte, horrend hoch sei. Fußnote Ende.

 

Brücke zum Publikum und Filmvermittler 

Die Programmkinos sind auch mit mehr als einer Million Besucher im Jahr für den österreichischen Film, der in den großen Megaplexen keine guten Chancen hätte, sieht man von den wenigen Ausnahmen ab, nicht nur die Brücke zum Publikum, sondern in mehr als 2.000 Schulvorstellungen die Filmvermittlerin für etwa 100.000 Schülerinnen und Schüler. Da waren sich auch alle letztlich mehr als einig, dieser Bereich, also die Schulvorstellungen, muss weiter ausgebaut werden. Aus dem Publikum kam dazu ein Input aus der Schweiz, wo man sehr gute Erfahrungen mit Workshops für Lehrende gemacht habe, in denen sie mit dem Thema Film intensiv konfrontiert worden waren und so das Interesse auch dort verbessern konnte. Fazit, ja, es könnte besser sein, und ja, es braucht mehr Film aus Österreich, und ja, ohne Göd ka Musi. Womit wir wieder dort sind, wo alle diese Diskussionen enden: Wie können wir vorhandene Mittel zielgerichtet einsetzen? Diese Frage bleibt uns ja auch erhalten, wenn die Töpfe besser dotiert oder, wie die Gerüchte auch in Graz leise aber deutlich hörbar brodelten, Steuermodelle endlich auch in Österreich vom Gesetzgeber ermöglicht werden - stehe ja auch im Regierungsprogramm.

 

Programmierte Erfolge 

Also wie verteilen wir, was fördern wir und vor allem, wo ist der Guru, der weiß was erfolgreich wird oder nicht. Genau. Dazu passt eine Geschichte, die Veronika Franz in ihrer Laudatio für Birgit Minichmayr bei der Eröffnung erwähnte. Franz hätte für eine Rolle, in einem dann sehr erfolgreichen Film, bei Minichmayr angefragt und nach dem üblichen Procedere, man kontaktiert die Agentur, schickt das Drehbuch, das dann hoffentlich weitergeleitet wird und wartet auf eine Antwort von der Schauspielerin, die das Drehbuch hoffentlich gelesen hat, in einer hoffentlich guten Stimmung. In diesem Fall kam eine Absage. Aber Franz kam ein zweites Mal, diesmal für einen Kurzfilm. Im Waldviertel wird gedreht, keine Gagen, dafür aber viel kaltes Wetter. Minichmayr sagte, entgegen aller Erwartungen zu. In einer Drehpause, alle froren, es war kalt und finster im Waldviertel, fragte Veronika Franz die berühmte Schauspielerin, warum sie damals abgesagt hätte. Birgit Minichmayrs lapidare wie umwerfend ehrliche Antwort: Man kann sich auch irren. Womit auch die Frage nach dem programmierten Erfolg sachkundigst beantwortet wäre.

 

Save the Date: März 2020, Festival des österreichischen Films unter der bis 2021 verlängerten Intendanz der Herren Höglinger und Scherhuber. Wer daheim bleibt, könnte es versäumen.