Und der Filmpreis geht an...

Die Akademie des österreichischen Films, das Pendant zur Academy of Motion Art in den USA, wird in der öffentlichen Wahrnehmung oft nur mit dem Österreichischen Filmpreis, dem "Ösi-Oscar", in Verbindung gebracht. Dabei hat sich die Akademie auch andere Ziele gesteckt. Aus Anlass der jährlichen Generalversammlung zog man Bilanz. Wolfgang Ritzberger, selbst Akademiemitglied, resümiert.

Events  Awards 

Film Academy 

Der Weg, den die Akademie seit ihrer Gründung im März 2009 hinter sich gebracht hat, ist enorm, die Entwicklung bemerkenswert, das Ergebnis mehr als beachtlich. Der Österreichische Filmpreis hat es geschafft, sich neben der publikumsträchtigen und mit großer PR vermarkteten Romy der Tageszeitung Kurier, und den in der Branche sehr gewichtigen Diagonale-Preisen, zu etablieren. Als etwas Eigenes, etwas Neues, ein Award, der kompromisslos aus der Branche kommt, dessen Preisträger von allen Filmschaffenden gewählt wird (Mitglied in der Akademie kann nur werden, wer wirklich Filmschaffender ist und auch diesbezüglich etwas vorzuweisen hat). Wenn man so will der Branchen-Publikumspreis. Selbst nüchtern betrachtet, tatsächlich so wie der Oscar, also der österreichische Oscar. Und zu diesem hat sich der Österreichische Filmpreis im Laufe der Jahre auch tatsächlich entwickelt.

 

Die letztjährige Verleihung wurde mehr denn je von den Medien und vom Publikum wahrgenommen, die Verleihung war von Mirjam Unger beeindruckend inszeniert und blieb, trotz des notwendigen Glamours, ein Fest der Filmschaffenden. Als einer der Preisträger habe ich genau diesen Eindruck in Erinnerung behalten. Und bin schon gespannt auf das, was uns heuer erwartet. Marlene Ropac, die Geschäftsführerin der Akademie, macht es auch besonders spannend. Bekannt ist ja, dass „Jedermann-Regisseur“ Michael Sturminger bei der Gala im Jänner 2019 Regie führen wird. Was uns da genau erwartet, wollte Ropac leise lächelnd nicht verraten. Nur so viel: Den als Aufführungsort eigentlich unmöglichen Festsaal des Wiener Rathauses (wir alle, die wir dort schon gearbeitet haben, wissen das, dieser Saal mag zwar prachtvoll und schön sein, in Hinblick auf die Technik, die Spielrichtung, die Akustik, die Sichtbarkeit und so weiter ist er schlicht eine Katastrophe) habe man mit dem Konzept Sturmingers in den Griff bekommen - wir sind gespannt.

 

Es bleibt spannend 

Das Auswahlverfahren für den Filmpreis hat schon vor Wochen begonnen und befindet sich bei Erscheinen dieses Heftes noch in den Kinderschuhen. der Wahl der für den Filmpreis Nominierten. Jedes Mitglied der Akademie kann über einen Sichtungslink, der in Zusammenarbeit mit Flimmit erstellt wurde, alle für den Österreichischen Filmpreis zugelassenen Spielfilme, Dokumentationen und Kurzfilme beliebig oft anschauen, die Wahlzettel müssen bis 26. November (gleichzeitig auch der erste ÖFI Termin für 2019) beim Notar abgegeben werden. Als kleine Wahlhilfe für die Kurzfilme werden diese am 11. November im mumok-Kino im Museumsquartier gezeigt, gleichzeitig auch die Premiere der Österreichischen Kurzfilmschau 2019.

 

Nach dem 26. November wird gezählt, und am 6. Dezember werden die Nominierungen in den jeweiligen Kategorien bei einer Pressekonferenz bekanntgegeben. Dann folgt die zweite Phase, die Abstimmung über die jeweiligen Gewinner, die am 30. Jänner im Wiener Rathaus den mittlerweile sehr begehrten Österreichischen Filmpreis erhalten werden. Vorher, am 24. Jänner, findet in der Burg Perchtoldsdorf der Abend der Nominierten statt. Regisseur Sturminger ist als Intendant der Sommerspiele Perchtoldsdorf dort so etwas wie der Hausherr. In den fast zehn Jahren ihres Bestehens ist es der Akademie gelungen, aus einer kleinen Veranstaltung ein großes Event zu machen, die dafür notwendigen Mittel zu lukrieren, sprich Geldgeber und Politiker zu überzeugen und gemeinsam mit den wichtigsten Medien des Landes auch dafür zu sorgen, dass die Bedeutung des Österreichischen Filmpreises, die er mittlerweile für die Branche hat, auch im Bewusstsein der öffentlichen Meinung abgebildet wird.

 

Kurze auf großer Tour 

Derzeit zählt die Akademie 516 Mitglieder, davon sind 433 sogenannte ordentliche Mitglieder. Das bedeutet aber auch, dass die Mitgliedsbeiträge steigen. Gesamt gesehen heißt das, dass mit Mitgliedsbeiträgen und Sponsoren mehr als die Hälfte des Finanzbedarfs gedeckt werden kann, nur knapp mehr als 40 Prozent werden durch Förderungen oder Mittel der öffentlichen Hand bestritten. Letztere sind meist auch für Projekte zweckgewidmet, wie etwa die Veranstaltungen rund um den Filmpreis oder die bereits angesprochene Kurzfilmschau. Alle für den Filmpreis zugelassenen Kurzfilme touren ein Jahr lang rund um den Globus, wo sie bei Festivals oder im Rahmen von Veranstaltungen, meist in Zusammenarbeit mit den Österreichischen Kulturforen vor Ort, gezeigt werden. Damit bietet die Akademie den Kurzfilmen und damit den meist noch jungen Filmschaffenden, die hinter diesen Filmen stehen, eine zusätzliche Plattform.

 

Die Österreichische Kurzfilmschau 2018, die noch bis Jahresende unterwegs ist, wurde heuer rekordverdächtige 24 Mal vorgeführt. Der ausdrückliche Dank der Akademie gilt Botschafterin Dr. Teresa Indjein und Sonja Reiser-Weinzettl vom Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres. Mit „Les nuits en or“, wie der Titel vermuten lässt eine Zusammenarbeit mit der französischen Académie des Arts et Techniques du Cinéma, die die Césars verleiht, findet im Frühjahr nicht nur ein Kurzfilmmarathon in Österreich statt, die Regisseurinnen und Regisseure werden auch von der Académie zur großen Tour eingeladen, in deren Verlauf sie Kulturinstitutionen in Akademien in Rom, Paris und Athen kennenlernen. Clara Stern, Gewinnerin des Österreichischen Filmpreises 2018 in der Kategorie „Bester Kurzfilm“: „In jeder Stadt, in der wir waren, wurden wir der jeweiligen Filmbranche, den Förderstellen, Produzenten und Verleihern vorgestellt. Für mich persönlich ist die Akademie ein wichtiges Netzwerk geworden.“

 

Young Audience Award 

Für den EFA Young Audience Award wählen 2000 Jugendliche aus ganz Europa an einem Tag ihren Lieblings-Jugendfilm. Die drei zur Verfügung stehenden Filme werden schon vorher aus einer Vielzahl von eingereichten Filmen gewählt. Heuer fand die Veranstaltung gleichzeitig in 34 Ländern am 6. Mai statt, in Österreich im Urania-Kino und im Cinema-Paradiso in St. Pölten. Die Filme werden angesehen, diskutiert, und dann wird abgestimmt, zum Teil moderiert von bekannten Filmschaffenden. Wer übrigens für kommendes Jahr einreichen möchte: Deadline ist der 15. Dezember, mehr Infos unter www.europeanfilmacademy.org/EFA-Young-Audience-Award.277.o.html

 

Gesetze fern unserer Realität 

Die Geschäftsführerin des Dachverbandes der Filmschaffenden, Dr. Maria Anna Kollmann, machte bei der Generalversammlung der Akademie Ende Oktober auf zwei für Filmschaffende sehr unangenehme Umstände aufmerksam. Die bereits bei der Diagonale diskutierte Abschaffung der täglichen Geringfügigkeitsgrenze, die sich für Filmschaffende als wenig tauglich herausgestellt hat, führt jetzt, wie prognostiziert, zu den ersten Nachzahlungen. Worum geht’s: Mit Anfang 2017 wurde die tägliche Geringfügigkeitsgrenze auf den bisher monatlich geltenden Wert angehoben, heißt de facto, dass die tägliche Grenze, die bei etwa 40 Euro lag, abgeschafft wurde. Das hatte zur Folge, dass Filmschaffende, die tageweise beschäftigt sind und deren Gagen unter den 440 Euro Schwellenwert fallen, nur mehr geringfügig beschäftigt und daher auch nur unfallversichert sind. Kranken- und Pensionsversicherung haben die Betroffenen an diesem Tag keine, auch keine Arbeitslosenversicherung.

 

Jetzt, neun Monate bis eineinhalb Jahre nach den ersten Anmeldungen bei der Sozialversicherung, erwarten die Experten die ersten Nachzahlungen. Denn sammelt ein Filmschaffender in einem Monat etwa vier Tagesjobs, in der Filmbranche keine Seltenheit, ist er zwar jeden Tag  unter dem Schwellenwert geblieben und wurde daher nur geringfügig angemeldet (und hat auch das Geld brutto für netto ausbezahlt bekommen, da ihm keine Sozialversicherung abgezogen wurde), aber in Summe war er in diesem Monat über der Geringfügigkeit. Das heißt: Nachzahlen der Sozialversicherung, was ganz schön ins Geld gehen kann. Was den Dachverband aber mindestens ebenso stört, die Arbeitslosenversicherung kann nicht nachgezahlt werden, die Anwartschaft fällt also für diese Tage flach.

 

Und diese fehlenden Tage könnten, so das zweite Thema, in Zukunft bitter notwendig sein, wenn die Regierung die geplante Reform des Arbeitslosenversicherungsgesetztes wie angekündigt durchzieht. Denn, ganz kurz zusammengefasst, in Zukunft soll für die Dauer der Bezugsberechtigung von Arbeitslosengeld die Dauer der vorhergehenden Beschäftigung verstärkt ausschlaggebend sein. Was für Filmschaffende wahrscheinlich in eine Katastrophe mündet, denn das werden die meisten nicht erfüllen können. Da die Notstandssicherung aber abgeschafft werden soll, würde das bedeuten, dass Filmschaffende sehr rasch in der Mindestsicherung landen, die dann mit Auflagen und Bedingungen verknüpft ist, die für die Filmbranche einfach nicht machbar sind. Ein Filmschaffender braucht zwischen zwei Projekten keine Umschulung, sondern eventuell andere Spielregeln bei der Anerkennung der tatsächlichen Arbeitszeit oder den Durchrechnungszeiträumen. Maria Anna Kollmann berichtete zwar von zahllosen Gesprächen in beiden Angelegenheiten, für die Verhinderung der Novelle des Arbeitslosenversicherungsgesetzes werde man aber mehr Widerstand brauchen. 

 

MeToo Vertrauenspersonen 

Eine kleine Ergänzung noch zu dieser Anlaufstelle, die letztes Jahr sehr spontan geschaffen wurde. Akademie-Gründungsmitglied Eva Spreitzhofer berichtete von den ersten Erfahrungen, ob und wie viele sich gemeldet hätten, dürfe sie hier nicht sagen, das sei streng vertraulich. Bei einem Workshop mit der Gleichbehandlungsanwaltschaft habe man aber extrem dazugelernt, also zum Beispiel, dass es für Betroffene sehr schwer sei, sich an Vertrauenspersonen innerhalb der Branche zu wenden, da die Verknüpfungen, die „familiären“ Strukturen der Branche, einfach zu dicht wären. Wie sich also an eine Vertrauensperson wenden, wenn der Vorfall persönliche Bekannte, Kollegen oder Kolleginnen, ja offensichtlich Freunde betrifft. Daher, so Spreitzhofer, wolle man ausdrücklich betonen, dass die Anlaufstelle in der Akademie absolut vertraulich und anonym sei. Niemand muss den Vertrauenspersonen Namen oder Umstände schildern, und die Betroffenen werden nach Einschätzung der Situation an die für Gleichbehandlung oder Strafrecht zuständigen Stellen vermittelt. Erinnert wurde auch an die Verpflichtung der Arbeitgeber, bei Kenntnis solcher Vorfälle Abhilfe zu schaffen. Workshops, die die Akademie vermittelt, helfen hier, noch mehr Bewusstsein zu schaffen, wobei nicht nur die Produzenten, sondern auch die Heads of Department einbezogen werden sollten.