Unglaublich, aber angeblich wahr: Die erste Folge der neuen Staffel von „Game of Thrones“ wurde laut Angaben des Produzenten HBO 55 Millionen Mal heruntergeladen. Dagegen sind die 17,4 Millionen TV-Zuseher in den USA trotz neuem Quotenrekord (den alten hielt die letzte Folge der 7. Staffel von „Game of Thrones“ mit etwas mehr als 16 Millionen) fast schon bescheiden. Wie viel dieser Downloads illegal waren, hat HBO nicht veröffentlicht, aber gewarnt, dass illegale Dateien Viren, Trojaner und Ähnliches enthalten könnten. So wie jeder Junkie muss also auch ein Serienjunkie damit rechnen, dass der Stoff gestreckt oder sonst wie „schmutzig“ ist. Der Hype in Wien fand in der Karwoche statt, neben dem Gartenbaukino lief die erste Folge der neuen Staffel in mehreren Kinos, der Andrang war enorm - beim Apollo Kino in Mariahilf wand sich die Schlange bereits am Montagmorgen zweimal ums Eck bis in die Kopernikusgasse. Besonders hartgesottene Fans sollen dort seit Sonntagabend campiert haben. Das Gartenbaukino war ebenfalls bis auf den letzten Platz besetzt.
Parallel dazu lud eine PR-Agentur in die Urania, wo für Elyas M´Barek, der aus dem Film „Fack ju Göthe“ bekannte Teenie-Star aus Österreich, ein roter Teppich ausgerollt wurde. M´Barek spielt in dem Film „Der Fall Collini“ einen jungen Pflichtverteidiger, mal was ganz anderes. Der Film basiert auf dem sehr erfolgreichen Roman von Ferdinand von Schirach, der einen, wie er sagt, deutschen Justizskandal in eine fiktionale Geschichte verpackt. Der Jurist und Anwalt von Schirach ist mittlerweile ein Bestsellerautor. Nach dem viel diskutierten TV-Film über den Abschuss eines Passagierflugzeuges durch einen Kampfpiloten - der Film konzentriert sich auf die Abwägung der Frage, ob eine gewisse Anzahl von Menschenleben geopfert werden soll, um eine größere Anzahl von Menschenleben zu retten und auf die rechtliche Beurteilung einer solchen Handlung, folgte jetzt die Verfilmung eines im Grunde nach weiteren rechtlichen Themas für das Kino. Im Zentrum steht ein Bundesgesetz von 1969, mit dem es dem Juristen Ernst Dreher, einem früheren NS-Richter, gelang, sämtliche Nazi-Verbrechen verjähren zu lassen, indem sie als Mittäterschaft eingestuft werden konnten. Mit diesem Gesetz wurden damals auch alle Ermittlungen gegen das Reichssicherheitshauptamt obsolet.
Von Schirach bezeichnet diesen Vorgang als einen handfesten Justizskandal. Denn das Gesetz, so Schirach weiter, war unter einem harmlosen Titel durch den Bundestag geschleust worden, kaum einer dürfte mitbekommen haben, dass damit die meisten Prozesse gegen NS-Täter obsolet geworden waren. Der Trick war nämlich, dass man als Mittäter nicht mehr verfolgt werden konnte, da die deutschen Gesetze dafür eine Verjährung vorsehen, die nach 15 Jahren eintritt. Damit waren alle Anzeigen, die nach 1960 eingebracht wurden, Makulatur. Schirach sagte in einem Interview in „Die Zeit“, dass er sich sehr bewusst thematisch mit dem Nationalsozialismus auseinandersetzen wollte, immerhin sei er der Enkel des Reichsjugendführers Baldur von Schirach. Er wollte sich damit beschäftigen, wie die Bundesrepublik Deutschland mit diesem Erbe umgegangen sei und vertrete die Meinung, dass eine ungeheuerliche Verhöhnung der Opfer stattgefunden habe.
Die Vorlage für das Buch und damit für den Film sei ein Prozess gegen einen deutschen Offizier gewesen, der in Italien als Vergeltung für Partisanenangriffe Zivilisten hat erschießen lassen und letztinstanzlich wegen des sogenannten Dreher-Gesetzes freigesprochen wurde. Im Gartenbaukino waren die „Game of Thrones“-Fans sowieso begeistert, bei kleinen Gags quietschten sie vor Vergnügen, etwa wenn Peter Dinklage, der für seine Darstellung des Tyrion Lannister mit Emmys und Golden Globes ausgezeichnet wurde, seinem Gegenüber sagt, es sei so kalt, dass einem „die Eier abfrieren“, und der versierte Groupie aber weiß, dass das Gegenüber keine solchen mehr hat. Viel tat sich in dieser Folge nicht, die berühmt-berüchtigten Gewalt- oder Sexszenen blieben aus, aber das „Game of Thrones“-Universum und all seine Protagonisten traten zu Staffelbeginn auf und positionierten sich für das, was da noch kommt. Was ja durchaus manierlich rüberkommt, wenn man zu Beginn artig „Grüß Gott“ sagt.
In der Urania war der rote Teppich nicht so überfüllt, aber ein bisserl Andrang angesichts von Elyas M´Barek gab es schon, nur die kreischenden Teenager fehlten. Wie ein Fan vom M´Barek ihn und den Film erlebte, schildert meine Tochter Marie-Rose Ritzberger, 15 Jahre alt, die sich, weil ich nicht gleichzeitig an zwei Orten sein konnte, gerne dafür „geopfert“ hat.
Elyas M’Barek - Teenagerstar von Marie-Rose Ritzberger
„Der Fall Collini“ ist eine heftige Geschichte, sehr gut besetzt und überzeugend gespielt. Die Schauspieler haben die Geschichte authentisch transportiert. M´Barek brilliert in der Rolle des erfolgreichen Türken; die Verkörperung des Täters Collini durch Franco Nero fand ich genial. Nur die Protagonistin hat mich nicht überzeugt. Nicht so überzeugend wirkte für mich auch die Kameraführung, sie war entweder zu schnell oder zu langsam und ließ keinen einheitlichen Stil erkennen. Die Lichtsetzung empfand ich als unrealistisch. Ob einem ein Film gefallen hat oder nicht, lässt sich meist mit einer simplen Frage abklären: Würdest du den Film deinen Freunden weiterempfehlen? Meine Antwort auf diese Frage zum Film ,,Der Fall Collini’’ war nach kurzem Überlegen ein „Nein“, dennoch würde ich mich nicht trauen zu sagen, dass es ein schlechter Film ist.
Meiner Meinung nach haben die Drehbuchautoren bzw. der Regisseur viel Potenzial verschenkt, erzählen aber dennoch eine interessante Geschichte, die von großteils sehr guten Schauspielern getragen wird. Ich habe alle „Fack ju Göthe“Teile und den Film „Türkisch für Anfänger“ im Kino gesehen. Durch diese Filme ist Elyas ein sehr bekannter und angesehener Schauspieler geworden. Einen Lehrer wie Zeki Müller wünscht sich fast jeder Schüler. Elyas hat durch die Rolle nicht nur einen Ruf unter Jugendlichen erworben, sondern auch unter vielen Lehrern, was durchaus nachvollziehbar ist, denn jeder Lehrer hätte gerne die Anerkennung, die Zeki Müller als Lehrer bei seinen Schülern genießt. In meiner ehemaligen Schule sind sogar Klassen im Rahmen des Unterrichts zu den Fortsetzungen des ersten Teils ins Kino gegangen und mussten Texte darüber schreiben. Kurz gesagt: Jede Schülerin und jeder Schüler und viele Lehrer kennen Zitate aus „Fack ju Göthe“ und können etwas mit dem Gesicht von Elyas M’Barek anfangen. In der Komödie „Türkisch für Anfänger“ spielt M’Barek einen Jugendlichen namens Cem, der nach außen wie ein herzloser Egoist wirkt, aber - fast schon ein Klischee - ein warmes, zerbrechliches Herz hat, welches er in seiner Liebesgeschichte mit Lena (Josefine Preuß) offenbart.
Als ich Elyas nun live bei der Premiere zum Film ,,Der Fall Collini’’ sah, war ich wahnsinnig aufgeregt. Ehrlich gesagt, bin ich, wie viele andere auch, kein wahrer treuer Fan von ihm, dennoch mag ich seine Rollen und finde, dass er im öffentlichen Leben wie ein netter Mensch wirkt. Die Chance, ihn bei einer Premiere von einem Film zu erleben, in dem er weder einen gutaussehenden Teenager noch einen attraktiven, kriminellen Lehrer spielt, war wirklich eine unverzichtbare Bereicherung. Es waren nicht so viele Leute wie erwartet dort, und als er dann endlich auf den roten Teppich kam, gab es kurze Aufschreie, bevor der Kampf um die Fotos losging.
Gott sei Dank ging es nicht wild her, und sogar ich, die sich zunächst zurückgehalten hatte, bekam ein Selfie mit ihm, worauf ich sehr, sehr stolz bin. Ich vermute, dass ich die jüngste Anwesende war, was relativ unerwartet kam. Ich dachte, es würden eine Menge jugendlicher Fans kommen, aber wahrscheinlich haben sich wegen des traurigen Themas der Romanverfilmung nicht viele angesprochen gefühlt. Elyas ist auch weitaus kleiner, als ich ihn mir vorgestellt habe, aber das ist bei vielen Schauspielern der Fall, und er sieht eins zu eins wie in seinen Filmen aus, weshalb es sich sehr unecht angefühlt hat. Der Film berührt ein unfassbar trauriges Thema, nur werden sich Teenager davon nicht so angesprochen fühlen. Ich bin froh, dass ich den Film sehen und dem Hauptdarsteller persönlich begegnen durfte.