Der Eröffnungsfilm der diesjährigen Frauenfilmtage behandelt das heute noch aktuelle Thema der Zwangsverheiratung und die damit verbundenen Rollenbilder, mit denen Frauen konfrontiert sind. Regisseurin Ash Mayfair aus Vietnam siedelt ihren Film „The Third Wife“ im Vietnam des 19. Jahrhunderts an, wo die 14 Jahre alte May als dritte Frau mit einem wohlhabenden Landbesitzer verheiratet wird. Sie wird bald schwanger, und damit scheint ihr sozialer Status soweit gesichert, aber sie erkennt zunehmend, dass in den patriarchalischen Strukturen ihrer Heimat ihre Möglichkeiten stark eingeschränkt sind.
Die Regisseurin hat sich von der eigenen Familiengeschichte inspirieren lassen - sie möchte mit dem Film ihrer Urgroßmutter und ihrer Großmutter, die in arrangierte Ehen gezwungen wurden, ein Denkmal setzen. Vor allem, weil Zwangsverheiratung in vielen Teilen der Welt immer noch ein Thema ist. Der Film wurde bereits mehrfach ausgezeichnet, unter anderem auf den Internationalen Filmfestivals in Toronto und in San Sebastian.
„La Camarista“ von Lila Aviles hat das Streben einer Hotelangestellten in Mexico City zum Thema. Deren tägliche Arbeit, deren Wünsche und Träume stehen im Mittelpunkt dieses ebenfalls bereits mehrfach ausgezeichneten Filmes. Die Schweizerin Bettina Oberli macht in dem Spielfilm „Le vent tourne“ einen Selbstversorger-Bauernhof in den Schweizer Alpen zum Zentrum des Geschehens. Die Idee, mit einer Windturbine selbst Strom zu erzeugen, konfrontiert die Protagonisten mit den Fragen nach den eigenen Bedürfnissen und Wünschen und dem Streben, im Einklang mit der Natur leben zu wollen.
Als österreichischer Beitrag, der mit großem Erfolg seine Weltpremiere auf der letzten Viennale gefeiert hat, wird am 7. März der von Christiana Perschon gestaltete Film „Sie ist der andere Blick“ gezeigt, der sich mit den fünf wichtigsten Vertreterinnen der feministischen Avantgarde in Österreich beschäftigt. Das Portrait dieser fünf Frauen erzählt von deren künstlerischen Anfängen und der Normalität des Sexismus in den 60er und 70er Jahren. Christiana Perschon wird übrigens heuer den Österreich-Pavillon auf der Biennale gestalten.
„Das Festival schafft einen Raum für gemeinsame Erfahrungen und Auseinandersetzung“, schreibt Univ. Prof. Dr. Elisabeth Holzleithner in ihrem Vorwort zum Festival. Weiter führt sie aus: „Es stiftet Solidarität im Kampf gegen Diskriminierung und Ausgrenzung – mit Sensibilität für Unterschiede wie für Gemeinsamkeiten unter Frauen. So entsteht ein ganz wichtiger Kontrapunkt zu rechtsnationalistischen, immer auch antifeministischen Zuspitzungen in Politik und Gesellschaft.“
Die Personale ist der österreichischen Oberbeleuchterin Kimber Lee Jerrett gewidmet, die bei Filmen wie „Das weiße Band“ von Michael Haneke oder „L´Animale“ von Katharina Mückstein zusammen mit dem jeweiligen Director of Photography für die Lichtgestaltung verantwortlich war. Nach der Matura studierte Kim zunächst Kamera an der Filmakademie. Wie etliche Studienkollegen arbeitete sie neben ihrem Studium an der Akademie, um Geld zu verdienen und Erfahrung zu sammeln: Sie volontierte im Arbeitsbereich Licht, was sie so sehr interessierte, dass sie das Studium abbrach, um weiterhin als Beleuchterin zu arbeiten. Heute ist sie eine der ganz wenigen Oberbeleuchterinnen in Österreich und Mitglied des Vorstands von Leuchtkraft, dem Berufsverband für Filmlicht und Grip.
Kim Jerret zu engagieren braucht eine lange Vorlaufzeit, denn bis Herbst ist sie ausgebucht und wechselt zwischen Kino und TV, dazwischen macht sie auch kleine Ausflüge in die Welt der Werbung. „Ich habe mir damals gedacht, als Kamerafrau ist die Konkurrenz einfach sehr groß, beim Licht hab ich mehr Chancen.“ Außerdem hat sie das Thema Lichtsetzen einfach immer schon fasziniert. Auf die Frage, ob sie nicht als Kamerafrau heute durchaus mehr Chancen hätte angesichts der ständig geführten Diskussion um den Anteil der in Schlüsselpositionen beschäftigten Frauen, meint Kim sehr offen: „Keine Ahnung, ich fühle mich beim Licht sehr wohl und habe es bis heute nicht bereut.“
Den Workshop, zu dem sich bis Redaktionsschluss nur Frauen angemeldet hatten, möchte sie sehr offen gestalten. „Die Frauenfilmtage sind an uns, den Verband Leuchtkraft, herangetreten. Es wird sich um den Beruf und meine Erfahrungen als Beleuchterin drehen.“ Eine der Teilnehmerinnen hatte auch schon konkret einen Wunsch für das Programm geäußert: Wie kann man mit wenig Aufwand interessante Lichtstimmungen gestalten? Genau das ist das Thema, denn mit viel Aufwand kann es zwar auch nicht jeder, aber zumindest fällt es leichter. Denn das Lichtsetzen sei ein Beruf.
Von der Studentin im Fach Kamera zur Oberbeleuchterin, das sieht auf den ersten Blick nicht unbedingt nach Traumjob aus?
Kim Jerrett: Ich war damals als Akademie-Studentin bei den Dreharbeiten zu der TV-Serie „Dallas“ als Licht-Volontärin dabei. Und der Oberbeleuchter meinte, das wäre doch cool, wenn eine Frau diesen Job machen würde. Das habe ich auch gefunden und bin dann beim Licht geblieben. Ich habe es bis heute keine Sekunde lang bereut. Es ist genauso kreativ, ich übernehme Verantwortung und bin am kreativen Prozess beteiligt. Und es war ein harter Weg bis hierher - wie für jeden, der Erfolg im Filmbusiness hat.
Durch LEDs und empfindlichere Kameras hat sich viel geändert, zum Besseren?
Die Technik hat sich generell sehr stark verändert, die Kameras sind empfindlicher, und in der Postproduktion kann sehr viel im Nachhinein korrigiert werden. Kurzgefasst, man kann heute mit weniger mehr machen, sonst hat sich nicht viel geändert.
Na ja, digital oder analog, ist das keine Veränderung?
Das meine ich ja, ich habe noch in der analogen Welt gelernt. Der gravierendste Unterschied wäre für mich, dass auf einem digitalen Set das Licht ziemlich sch … aussehen kann, und dann schau ich in den Monitor und alles ist bestens. Ich bin halt „old school“ und glaube, es gibt einen Unterschied im Look and Feel. Sonst hat sich da nichts geändert. Wer glaubt, dass der digitale Film weniger Aufwand beim Licht erfordert, liegt falsch. Die Herausforderung und die Erfordernisse sind gleichgeblieben, nur steht jetzt ein Haufen Monitore auf dem Set herum, und jeder kann durch die Kamera schauen. Das führt dazu, dass ich bequemer geworden bin und das Schauen verlernen könnte.
Ist das Equipment jetzt egal für das Ergebnis?
Die Entwicklungen sind und waren enorm, und ich finde, dass wir sie mitmachen müssen. Aber im Kern nimmst du immer noch eine Lampe und machst mit ihr, was sie kann – und zwar in den Bereichen, in denen du sie einsetzen willst. Die Vorteile und Nachteile halten sich die Waage, das Werkzeug ändert sich, aber die Arbeitsweise bleibt gleich. Was bleibt, du brauchst ein Auge und ein Gespür, das kannst du durch moderne Technik nicht ersetzen.
Stichwort LEDs: Seit Arri und Dedo damit auf dem Markt sind, kann man ja nicht mehr von Krimskrams sprechen?
Ich liebe nach wie vor die alten Scheinwerfer mit der Stufenlinse, und wenn ich die zum Beispiel verwenden kann, um Sonnenlicht durch ein Fenster zu gestalten, nehme ich eine Arri 18 oder größer. Dafür braucht’s aber mehr Leute und mehr Aufwand, der ist nicht immer drinnen. Durch die LED-Technik und die Reflektoren ist die Spielwiese breiter und größer geworden. Und als Ergänzung zu meiner alten Stufenlinse verwende ich Skypanels, da steh ich dann am Set und kann mit dem iPad alles einstellen. Auch nicht schlecht.
Stichwort Reflektoren …
(unterbricht) Ich mag das Reflektoren-System, egal, von wem, und habe immer ein Set dabei, das ich mit allen möglichen Lampen verwende. Ich verwende die Reflektoren ständig und bin damit sehr glücklich.
In welche Richtung wird sich die Lichttechnik entwickeln?
Kleinere, aber leistungsstarke Einheiten, die immer weniger Strom brauchen werden. Meine Lieblingslampen bleiben aber die großen Stufenlinsen. Letztens, bei einem Dreh auf der Filmakademie, habe ich die alten Dinger hervorgezogen und den Studenten gesagt, die hängen wir jetzt auf. Da war so viel Staub drauf, dass sie fürchterlich gequalmt und gestunken haben, und ich hatte schon Sorge, dass wir einen Feueralarm auslösen. Aber das Licht war einfach wunderschön.
Danke für das Gespräch.