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Genau der angesprochene Punkt wird bei Projektprüfungen sehr genau unter die Lupe genommen, bei Koproduktionen schon vor Beginn, wenn im Zuge der Anerkennung der Koproduktion durch das Wirtschaftsministerium die sogenannten Sozialpartner, also Arbeitgeber (konkret der Fachverband in der WKO) und Arbeitnehmer:innen (die Gewerkschaft), eine Stellungnahme zu dem Projekt abgeben. Generell wird seitens des ÖFI das Anstellungsverhältnis, die Einhaltung des Kollektivvertrags und, vor allem bei Dreharbeiten mit Kindern, die Beachtung der arbeitsrechtlichen Vorschriften schon im Vorfeld kontrolliert und bei Vorlage der Unterlagen eingemahnt. Wir selbst haben einen Film mit Kindern produziert, wir wissen daher, wovon wir sprechen - letztlich ist alles in den Tagesberichten festzuhalten und die zu fälschen, würde ich niemand raten, das kommt einer Urkundenfälschung gleich. Genau das wurde vom ÖFI, wie man lesen durfte, geprüft.
Daraus, dass das ÖFI, oder andere Förderer, nicht auf Zuruf vom Spiegel, der als erster den Beitrag brachte, den Regisseur und Produzenten Ulrich Seidl sofort, quasi standrechtlich, schuldig gesprochen haben, drechselt der Autor des Gastbeitrags einen Vorwurf, der in der Behauptung, das Förderwesen kranke, gipfelt.
Ich beschränke mich auf den Vorwurf, dass sowohl im Aufsichtsrat als auch in der Auswahlkommission des ÖFI-Branchenvertreter säßen, was der Beweis dafür wäre, wie „verhabert“ dieses System doch ist, wenn sich die Nutznießer dieser mit Steuergeldern gespeisten Institutionen selber kontrollieren bzw. selber gleichsam „fördern“.
Wie schon einmal erwähnt, Kollege Christian Dohr betrachtet die Angelegenheit sichtlich befrachtet mit allen Vorurteilen und Gerüchten, die in der Rauchpause an der Filmakademie in Wien, wo er studiert hat, bzw. in der Kantine des deutschen Privatfernsehens, wo er dzt. arbeitet, diskutiert werden. Die Branche in Österreich ist sich, und das ist wahrscheinlich wirklich der kleinste gemeinsame Nenner in einem mörderischen Wettbewerb um die viel zu kleinen Fördertöpfe, mit Sicherheit darüber einig, dass wir, egal wie die Entscheidungen der Förderer ausfallen, sie immer als ungerecht empfinden müssen, weil für die Menge an guten Filmideen schlicht zu wenig Geld da ist. Mit dem Vorwurf, dass immer nur die Gleichen und Gleiches gefördert wird, hat Dohr teilweise recht (siehe auch meine Diplomarbeit/Masterthesis zu dem Thema, wo ich genau darauf eingehe und Vergleiche mit DE anstelle, wo die Situation dem Grunde nach sich nicht viel anders darstellt), aber das allein darauf zurückzuführen, dass in den genannten Gremien Branchenvertreter sitzen, greift zu kurz. Oder besser gar nicht, denn zu glauben, dass sich die Branchenvertreter verbunden durch sinistre Abkommen die Fördermittel gegenseitig zuschieben, ist leicht paranoid und verkennt die Realität: österr. Filmproduzenten stehen in einem beinharten Wettkampf, nicht nur um Fördermittel sondern auch um die Themen, von denen man glaubt, dass sie wichtig und richtig sind und daher verfilmt gehören. Da spielen dann wieder andere Kriterien eine Rolle. Mittlerweile wissen wir, dass selbst ein Ulrich Seidl oder ein Michael Haneke in den Gremien nicht einfach so durchgewunken werden.
Solche Entscheidungen werden vor allem beim ÖFI und beim Wiener Filmfonds, dem größten Regionalförderer, getroffen - der genannte FISA entscheidet nach eher formalen Kriterien, der ORF der über das Film- und Fernsehabkommen gesetzlich verpflichtet ist, Kinofilme mitzufinanzieren, entscheidet in der Redaktion (was auch sein gutes Recht ist). Na klar darf man das kritisieren, vor allem, wenn man nicht zum Zug kommt - das trifft aber mittlerweile den Großteil der Einreichungen, weil, wie schon erwähnt, die Fördertöpfe schlicht zu klein sind. Eine andere Zusammensetzung der Gremien brächte andere Entscheidungen, ob die dann besser ausfallen, kann ehrlicherweise niemand beurteilen. Mein Credo war immer: ok, dann müssen wir unser Projekt noch zwingender, noch besser darstellen - so gut, dass keiner daran vorbei kann. Weil nur motschkern und sich selber leid tun, bringt einen nicht weiter.
Was der Förderung m.E. generell guttun würde, neben mehr Geld, wäre mehr Transparenz. Also ich würde mir wünschen, dass die Veröffentlichungen der Förderentscheidungen einhergehen mit einer Liste aller Einreichungen und eines Rankings, einer Reihenfolge der Projekte (zumindest bei der Herstellung, also der Finanzierung des Films) und einer klaren Trennlinie, bis wohin das Budget gereicht hätte. Die Reihung müsste ebenfalls transparent sein, wobei die Beurteilungen immer subjektiv sein werden, egal wer dort sitzt. Was es noch bräuchte, klare Handlungsanleitungen oder mehr Rechtssicherheit, damit meine ich, dass Kritikpunkte, die z.B. bei einer Ablehnung mit selbiger mitgeschickt werden, dann auch Berücksichtigung finden. Dzt. ist es so, dass die nächste Kommission wieder ganz anders entscheiden kann, was nicht zuletzt daran liegt, dass wiederum völlig neue Projekte auf dem Tisch liegen und nur das Dilemma gleichbleibt, dass nur ein Bruchteil gefördert werden kann. Mit viel Pech nützt dann nicht einmal selbst die wohl gelungene Änderung und es wird wieder eine Ablehnung.
Was der gute Herr Dohr aber über Ulrich Seidl schreibt, geht m.E. gar nicht. Warum kann der Herr Kollege etwaige Vorwürfe an Ulrich Seidl nicht konkret benennen. Er schreibt aber: „da ist ausreichend ohne viel Relevanz und ohne Konsequenz gesagt worden“. Ich persönlich kenne Ulrich Seidl nicht einmal vom „Hallo“-sagen auf einem Festival, bin also nicht mit ihm „verhabert“, aber diese Form von Umgang ist schlicht respektlos. Wenn Herr Dohr findet, dass Seidl ein grauslicher Regisseur ist, der kleine Kinder in Rumänien ausgenutzt hat, dann sagen sie, lieber Herr Dohr, das auch genau so - sie können auch sagen Sie mögen seine Regie Methoden nicht, ihnen gefallen seine Filme nicht und er ist ihnen persönlich unsympathisch. Ich bin überzeugt davon, damit kann Seidl mittlerweile leben, und wenn’s nicht stimmt, also das mit den kleinen Kindern in Rumänien, bekommen sie halt einen Brief von seinem Anwalt. Net herumschwurbeln und ohne jede Sachkenntnis daraus einen Befund über das Förderwesen ableiten.